Matronen  Blog

Die alten Weiber sagen Tach

Dieser Blog ist von und für alte Frauen. 
Und für die
die neugierig auf uns alte Frauen sind
die uns gerne verehren würden
von uns lernen mögen
uns helfen, da wo wir grad oder nicht mehr können
uns zuhören wollen
mit uns lachen 
und gemeinsam das Alter feiern

Matronen statt Patronen

Warum Matronen

Ist euch schon mal aufgefallen, dass es für uns alte Frauen keine wertschätzende Bezeichnung gibt? In Ermangelung dessen werden alte gestandene kluge Frauen „Junge Frau“ genannt. Und meint mit dieser Beleidigung ein Kompliment zu machen. Hallo?! Es soll ein Kompliment sein, dass uns unser langes, selbst gemeistertes Leben gestrichen und wir auf ein Stadium von vor 50 Jahren reduziert werden? Und damit unsere gesamte Lebensleistung mit der „jungen Frau“ negiert wird. Nein und nee, so läuft das nicht!  Schließlich haben wir jedes Jahr, jedes Jahrzehnt selbst gelebt, da lassen wir uns doch kein Jahr wegkomplimentieren. Auch wenn wir vielleicht manches Jahr gerne vergessen würden. Aber dazu haben nur wir selbst das Recht. Niemand sonst! Basta.

Wir leben im Patriarchat. Und damit ist heute der Name „Matrone“ zum Schimpfwort pervertiert. Wer will heute noch Matrone genannt werden? Wir! Wer macht mit? Es war mal eine Ehrenbezeichnung für kluge, eigenständige Frauen. Übrigens in Bella Italia gilt das noch heute! Ein Ehrentitel! Das hat frau sich ja auch mit ihrem Leben tapfer erarbeitet. Wie wir!

Sophia, ick hör dir rufen! 

Als ich die Bezeichnung mal Freundinnen vorschlug, schlug mir Abwehr auf voller Breitseite entgegen. Niiiieemals, wie schrecklich, ich bin doch keine Matrone, was für eine Beleidigung. Das sagten alte Frauen, die es nicht beleidigend empfanden „Junge Frau“ genannt zu werden. Völlige Verkehrung der Realitäten! Wie so vieles in unserer Zeit. Es scheint grade Mode zu sein, unwidersprochen das Gegenteil als Wahrheit zu akzeptieren. Wie die Künstliche Intelligenz, die zwar künstlich, aber nicht intelligent ist, da sie ja nur wiederkäut was schon mal veröffentlicht wurde. Aber nicht was Neues, wirklich Intelligentes produzieren kann. Und von den „Sozialen“ Medien fange ich erst gar nicht an. Leute lasst euch nicht verarschen. Ich muss auch gar nicht in die digitale Welt ausweichen. Ich kriege jedes Mal Zustände, wenn wir süßlich liebevoll „die Älteren“, die „Senior:innen“ genannt werden. Um uns ja nicht so zu nennen wie wir sind: ALT. Auch hier zeigt es die dumme Verkehrung. Unsere deutsche Grammatik ist sicher nicht die einfachste. Aber wir haben sie alle mal gelernt. Und so heißt es: alt, älter, am ältesten. Also, die, die meinen uns mit dem Begriff „Ältere“ jünger zu machen, angeblich das Alter so gaaar nicht zu sehen, machen uns genau mit diesem Begriff älter! Aber verwendet mal den Begriff „Alt“, sofort betretenes, erschrockenes Innehalten. Das blanke Entsetzen. 

Täglich wird auf allen Kanälen suggeriert, dass Altsein schrecklich ist. Eine Schande. Ein Makel. Es wird verniedlicht, verschwiegen, gelogen, negiert. Hallo? Wie dumm ist das denn? Das bedeutet, dass eine ganze Generation - die der alten Menschen - mißachtet und niedergemacht wird! Diejenigen, die am meisten, zumindest am längsten was geleistet haben, die die Gesellschaft ausgemacht haben, werden wie Aussätzige behandelt. Unsichtbare. Parias. Wegen dieser Abwertung wollen viele hysterisch nicht alt sein, nicht alt werden und vor allem nicht alt genannt werden. Wir werden nicht in unserer Gesamtheit gesehen und wertgeschätzt. Und das dies ganz besonders den Frauen gebührt, macht doch einfach nur Sinn. Frauen haben so viel mehr gekämpft, sich behauptet, für Familie, Kinder und sozialen Zusammenhalt gesorgt. Sie, die immer noch den Hauptanteil der sog. Care-Arbeit leisten und erheblich weniger als Männer verdienen. Und in patriarchalen Zeiten sind Frauen zwar keine besseren Menschen, aber matriarchale Kulturen zeigen, wie Leben freundlicher und menschlicher sein könnte. Und dieses Wissen tragen auch die Frauen im Patriarchat in sich. Was sie mal mehr, mal weniger ausleben. Die mit mehr sind im Alter die Matronen. 

Frauen – die Heldinnen ihres Lebens

Hey, es ist schön alt zu sein! Und Schattenseiten gibt es in jedem Alter. Warum werden im Alter nur die Schattenseiten betont. Das ist nun wirklich nicht akzeptabel. Frönen wir also genüsslich unser Alter. Wir haben nur das eine!

Endlich dürfen wir nach Belieben faul sein. Endlich haben wir Zeit für das wozu wir Lust haben, was wir immer schon mal machen wollten. Und - was wir echt nicht mehr wollen!  Wenn wir nicht wollen, müssen wir nicht die fitten, strahlenden Alten geben. Macht doch euren Sport alleine, wir haben schon das ganze Leben geschuftet! Wir bewegen uns wie es uns Spaß macht, und nur zu unserem Spaß! 

Endlich lassen wir uns nicht mehr so leicht ins Bockshorn jagen, kein X fürn U vormachen. Heute sagen wir laut oder leise was wir meinen und denken! Und lassen uns vor allem nicht mehr vollnöhlen. Wir genießen unsere Klugheit, für unsere blinden Flecken haben wir höchstens ein Schulterzucken, wir sind doch so viel mehr. Wir genießen Kultur und Natur und die Menschen die wir noch um uns haben.

Und wir fordern Respekt für unsere Lebensleistung, für unsere Kompetenzen, unsere Persönlichkeit. Wir erwarten Wertschätzung für unsere Ratschläge. Und wenn sie wirklich Mist sind, dass es dann auch freundlich gesagt wird und nicht salbungsvoll weggelächelt werden. 

Wir sind viele. Wir haben eine so reiche, vielfältige Kultur, so viel Wissen. So viele Frauen haben dazu veröffentlicht, treffen sich in Kreisen und erzählen sich davon.

Seid sicher, zu jedem Punkt, der hier angesprochen wird, jeder Name, jede Frau, die erwähnt wird steht für so viel mehr. Jede ist ein ganz besonderes, pralles, buntes Gesamtkunstwerk. Also, laßt euch nicht so schnell mit Einfachem abspeisen. Geniesst das Entdecken, suhlen wir uns majestätisch in unserer Klugheit, Ekstase, Kultur, Lust, Heiterkeit, Gemeinschaften, Zärtlichkeit, Ausruhen,  Begegnung, Lachen und Weinen, Rebellion, Demut, Schönheit, Meditation, Liebe, Freiheit, Sinnlichkeit, Fantasie, im Schauen und Hören, Fühlen und Riechen, Schmecken und Lesen - eben uns in all unserer Lebendigkeit empfinden (Zutreffendes nicht ankreuzen sondern machen). Zugleich kann dieser Blog bei der immensen Fülle der vielen Alte-Frauen-Leben - also dem Leben der heutigen Matronen, nur fragmentarisch sein. Tragt dazu bei, dass vieles dazu kommt. Sichtbar und ehrbar. Wir können nicht alles selbst machen, aber irgendeine Frau hat es schon getan. Und trägt so zu unser aller lebendigem Reichtum des Lebens bei! Wir sind viele.

 

Nicht müde werden
Sondern dem Wunder
Leise wie einem Vogel
Die Hand hinhalten
 
Hilde Domin

 

Die Website wird laufend erweitert, ergänzt, verändert, drum einfach immer wieder reinschauen. Es gibt jedesmal was Anderes. Also den Cache immer mal aktualisieren. Und wer mag, bitte: mitmachen!